Rasthof Rippach

Der Rasthof Rippach ist aus verschiedener Sicht „historisch“ zu nennen. 
    Mit Rippach, insbesondere mit dem besagten Rasthof in Rippach, verbinden sich Namen solcher Persönlichkeiten der Geschichte wie Friedrich der II. König von Preußen, Christian Fürchtegott Gellert, Johann Wolfgang von Goethe, Napoleon Bonaparte, Jean Baptiste Bessieres – General der Napoleonischen Kavallerie, Heinrich von Kleist. Diese, in die europäische Geschichte einge-gangenen Persönlichkeiten, hielten sich nachweislich in Rippach auf und trugen in unterschiedlicher und keineswegs nur in lobender Weise dazu bei, dass die kleine sonst nur für Reisende bekannte Raststation noch heute ein Begriff ist. Maßgeblichen Anteil daran hat zweifellos Johann Wolfgang von Goethe, der dem Rasthof in seinem Faust, allein durch die namentliche Berücksichtigung des Ortes Rippach in Verbindung mit dem Namen „Hans“, einen bemerkenswerten Platz einräumte. 

    Der Rasthof Rippach als letzte Station vor Leipzig, war immer Etappenziel strapaziöser Unternehmungen. Der Name Rippach stand weit bekannt für Bewirtung, Herberge, für Restauration im weitesten Sinne. Hier musste man sich fit machen für das gehobene Leipziger Flair oder man schaffte sich gedanklichen Vorlauf für hoffentlich erfolgreiche Geschäfte in der Handelsmetropole Leipzig. Man kann wohl davon ausgehen, dass Rippach für Reisende schon lange einen Ruf hatte, bevor ihn Goethe in die Weltliteratur einführte. So begann 1490 der Ausbau des Postnetzes unter Franz von Taxis. August der Starke befahl am 18. Juni 1695 das Aufstellen von Postmeilensäulen im kursächsischen Raum. Mit wachsender Produktivität und zunehmendem Handel vollzog sich in Europa eine Entwicklung zur mobilen Gesellschaft. Raststationen bekamen daher wachsende Bedeutung.

    Ein Rasthof war nie allein. Hufschmiede, Stellmacherei, Sattlerei, Herberge, Poststation, Zollstation, Pferdewechsel (Ausspanne) u. a. waren nicht weit oder es war alles in einem. Im Umfeld eines solchen Rasthofes konnte man, ähnlich einer Glashütte auf dem Kamm des Thüringer Waldes, auskommen und Familien ernähren. Ab Mitte 1765 begann auch der Salztransport von Bad Dürrenberg nach Leipzig, vermutlich auch über Rippach, was die hier vorhandene Furt durch das Flüsschen Rippach ermöglichte. 
    Diese Bedeutung, vielleicht auch zahlreiche Berichte über Kriegsabenteuer, die man sich über den Rasthof Rippach erzählt haben mag, hat wohl auch den Leipziger Maler W. Schönfelder ermutigt, eine Situation vor dem Rasthof festzuhalten, die ihn in der Geschichtsbetrachtung offensichtlich am tiefsten beeindruckte (Napoleon am 01. Mai 1813 in Rippach). Schließlich kann man Rippach auch als militärisches Aufmarschgebiet für die zu erwartende Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 verstehen. Das vorhandene Ölgemälde dieses Malers zum Rasthof befindet sich heute in der Schule des Ortes und dürfte 1835 entstanden sein.


    Die wechselvolle Geschichte des Rasthofes und seine Bedeutung, die man auch nicht überbewerten sollte, lassen sehr unterschiedliche Sichtweisen zu. Mit dieser Grafik ist beabsichtigt, das dörfliche Milieu zur Zeit wiederholter Rasten Goethes in Rippach zu erfassen. Es ist die Zeit nach dem Siebenjährigen Krieg und vor den Napoleonischen Kriegen. Die zur Verfügung stehenden Dokumente, die vor allem von dem schon verstorbenen Chronisten Klaus Jacob in mühevoller, gewissenhafter und leidenschaftlicher Arbeit zusammengetragen wurden, ent-behren leider wissenschaftlicher Quellenangaben und Prüfungen. Das im Museum Lützen vorgefundene Material aus dem Nachlass des Chronisten war nicht abschließend aufgearbeitet. Meine Betrachtungen gründe ich mit wenigen Ausnahmen (erhaltene Briefe von Goethe und Kleist) auf mündliche und schriftliche Überlieferungen, ohne wissenschaftlichen Anspruch. Auf nicht wissenschaftliche Quellenangaben wurde deshalb verzichtet.

Goethes Reisekutsche

Zur Grafik:

 

Die Grafik hat Studien-charakter.

 

Zeit: Das Jahrzehnt 1770 bis 1780, Spätsommer, vormittags.

Der Siebenjährige Krieg war vorbei, seine Auswirkungen noch sichtbar. Armut, moralische Verrohung, vernachlässigte Gebäude. Erinnert sei an die große Hungersnot 1770/1771.

 

Goethe (1776  27 Jahre alt) lebte sich in Weimar ein, entschloss sich zu dieser Zeit in Weimar zu bleiben, nicht nach Frankfurt zurückzukehren, richtete sich sein Gartenhaus in Weimar ein, übernahm am Hofe Karl-Augusts ministeriale Aufgaben, schloss Kontakte, reiste viel, u. a. auch wiederholt durch Rippach.

Im Mittelpunkt der renovierungsbedürftige Rasthof mit Gerichtslinde auf dem Vorplatz. Vor dem Rasthof dörfliches Leben. Der mit dem Siebenjährigen Krieg verbundene moralische Verfall, die dörfliche Rückständigkeit und Zerrüttung sind deutliche erkennbar. Ungepflegte Gebäude und Straßen, frei laufende Hühner, herumstehende Gerätschaften. 
Bild links: 
Bettlerin, Zollsoldat, Goethe in seiner Chaise mit reisefertig eingespannten Pferden.

Unter der Gerichtslinde langweilt sich ein junger Kutscher. Im Vordergrund ein mit Hühnern spielender Junge. Eine herrschaftliche Persönlichkeit auf einem Schimmel ist im Begriff, aufzubrechen und erhält von einem Bediensteten und einem spielenden Knaben Hilfeleistungen. Rechts davon der Wirt (Hans) in Verhandlung mit einem fremdländischen durchreisenden Alten. Eine alte Frau entschlossenen Schrittes, rechts davon, scheint beim Schmied etwas abholen zu wollen.

Am rechten Bildrand ein in der Arbeit innehaltender Hufschmied mit Pferd und Amboss. Ein vernachlässigtes Fahrgestell scheint vergessen zu sein oder auf eine Reparatur zu warten. Im Hintergrund rechts ein Weinberg mit Weinberghäuschen, das Rippacher Goethehaus, das heute nicht mehr vorhanden ist.

Konferenz zu Rippach, die nie stattgefunden hat.

Anmerkung:

Bedauerlicher Weise ist der Rasthof Rippach dem Verfall preisgegeben. Hoffnungen auf einen Investor, der interessiert sein sollte, die Geschichte dieses Standortes in angemessener Weise zu würdigen, haben sich bisher nicht erfüllt. 

November 2023

Neuigkeiten

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In Vorbereitung

Gebrochene Siegel

(Arbeitstitel)

oder 
Lachesis’ gestaltende Kraft

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Buch I

Trilogie

Gebrochene Siegel

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Buch II

Mors certa

 

 

Helmut Kleinschmidt

 

Gebor​en 1948 im südthüringischen St. Kilian. Hier träumerisch, spielend und um-sorgt aufgewachsen.

Seit 1975 im Großraum Leipzig beruflich tätig gewesen, berichtet über einen wechselhaften beruflichen Lebensweg.

Eigene Erfahrungen sind die Grundlage für einen kritischen und selbstkritischen Rückblick, der unterhaltsam zum Nachden-ken anregt.

(Auszüge auf den Unterseiten Gebrochene Siegel und

Mors certa.)

Von der geometrischen Primitive bis zur Kunst ist es nur ein kurzer Weg.

Ihn zu finden, das ist Kunst!

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